mein erster Saab ... inzwischen leider verschrottet, aber nicht vergessen

 Es war 2004, meine Lebensgefährtin wohnte (damals wie heute, nur damals noch ohne mich) in Paris, Flüge und der berühmte Nachtzug von Hamburg aus dorthin (den es damals noch gab) kosteten ein Vermögen (das Taxi nach Paris noch mehr), Flixbus gab es noch nicht, aber immerhin das selbst gegründete start-up prosperierte gerade. Und Benzin war günstig (im Vergleich zu heute). Außerdem mußte ich noch regelmäßig nach Paderborn an die Uni pendeln, um in Vorbereitung meiner Diplomarbeit an einem Kolloqium teilzunehmen.
Also war die Zeit gekommen, daß ich mich zum zweiten Mal in meinem Leben mit einem Autokauf beschäftigte (das erste Mal war während der Zivi-Zeit gewesen, was zum Erwerb des "hottest car on earth", also einem VW Derby führte ... aber das ist eine andere Geschichte und der Derby seit langem auch). Die Anforderung an die Kiste war einfach:
- sie sollte mich bequem und zuverlässig  von Hamburg aus nach Paris (und "petit Paris" = Paderborn) und zurück bringen
- Platz für bis zu 4 Mitfahrer bieten (ich schätze bis heute das Prinzip der Mitfahrbörse, und so viel Geld verdiente ich damals auch noch nicht, um auf Fahrtkostenzuschüsse durch Mitfahrer verzichten zu können und um auf interessante Gespräche verzichten zu wollen)
- "Image" haben (den Begriff kannte ich noch aus dem BWL-Studium) und zu mir passen, d.h. irgendwie anders  sein und auf der Reeperbahn cool aussehen
- eine (ziemlich) neue HU haben, denn Autos mit HU sind gute Autos (ja, so war damals mein Glaube in der guten alten Zeit)


Ich könnte natürlich jetzt schreiben: zufällig sah ich in einer Zeitung den alten Saab-Claim "Auf langen Strecken zuhause." Aber so platitüd war es nicht. Ich erinnerte mich jedoch daran, daß die Eltern eines Schulfreundes seinerzeit einen Saab fuhren (damals wußte ich noch nicht, daß es ein CS war, weil ich weit davon entfernt war, mich mit den Modellreihen auszukennen), und wenn die Eltern uns Burschen zu irgendwelchen Grillhütten-Partys auf dem Landstrich meiner Jugend (Weserbergland) kutschierten, daß dies immer ein entspanntes Fahren gewesen war (ehrlich gesagt hatte ich mich nie ernsthaft auf das Auto konzentriert, sondern mehr darauf, was wohl so im Laufe des jeweiligen Abends später so auf der Party passieren könnte). Aber ich wußte noch, daß es ein Saab gewesen war, und der einzige Saab, den ich jemals im Umfeld meiner Jugendzeit wahrgenommen hatte. Also mußte ein Saab schon mal "anders" sein.  Check.
"Das Internet" gab es 2005 schon, ebenfalls dort existierende PKW-Börsen und auch schon das bekannte Auktionshaus.
Ich glaube, 2004 gab es auch schon mindestens eines der deutschen Saab-Foren, aber mit so etwas wie einer "Kaufberatung" habe ich mich damals noch nicht "belastet". Ich hatte damals noch das Urvertrauen: ein Saab würde mich nicht im Stich lassen.
Ich erinnere mich dunkel, daß ich es seltsam fand, warum die aufgerufenen Preise für die alten Saab 900 höher waren als für die in meinem Preislimit (2000 Euro) liegenden modernen, größeren und besser ausgestatteten 9000er mit frischer HU. Die anderen Typen wie 900-2, 9-3 und 9-5 spielten aus Gründen, die ich nicht mehr erinnere, keine Rolle bei meiner Suche (wahrscheinlich waren sie damals schlicht noch zu teuer).
Ebenfalls erinnere ich mich, daß (ich habe BWL studiert) mir das Preis-Leistungsverhältnis der CC Modelle besser schien als der CS-Modelle. Dazu kam: der CC war  (und ist) noch weit aus mehr "anders" und cooler  als der CS. Check.


Also ging die Jagd nach einem CC los, und im Auktionshaus wurde gerade einer angeboten: EZ 1991, knapp 180.000 TKM, 146 PS (WOW ... wie gesagt, ich kam vom VW Derby), Sportfahrwerk, Schiebedach, viel Elektrik, schwarz mit weiß lackierten Alufelgen (nochmals WOW). HU relativ neu, aber schon abgemeldet.
Hatte ich es schon erwähnt? Damals wußte ich noch so gut wie nichts über Saab und speziell die alten 9000er. Das war auch gut so, denn sonst wäre der nicht zu mir gekommen: 2,3l Maschine der 1. Generation mit knapp 200 TKM ohne Wartungshistorie und ohne Scheckheft? Da würde der (tatsächliche oder vermeintliche) Saab-Spezi sagen: Finger weg.


So aber nahm die Geschichte seinen Lauf. Aber blöd war ich schon damals nicht: mein Bruder (der 15 Jahre später dann auch seinen ersten eigenen Saab fahren sollte) wohnte zu der Zeit bei München und war als studierter Maschinenbauer natürlich perfekt geeignet für eine Besichtigung vor Auktionsende. Also schaute er sich die Kiste an und meinte: "Motor läuft, bremst und fährt auf dem Hof, Reifen alt, aber noch ok. Was willst Du mehr wissen?" Nichts, danke, reicht. Gekauft. Der Anbieter hatte ihn für 1250,- Euro Sofortkaufenpreis inseriert, für 1100 Euro wurde er meiner.


start-up like bin ich also im August 2004 nach München geflogen (ja, das war noch eine ganz andere Zeit damals, als ich mir beim Fliegen noch keine Gedanken über das Klima gemacht habe) für einen ganz, ganz wichtigen business-Termin, habe meinen Bruder besucht, den CC abgeholt, bin nichtsahnend eingestiegen und (zusammen mit einer ersten Mitfahrerin, die interessanterweise eine KFZ-Ausbildung machte) die knapp 500 km in meine alte Heimat ins Weserbergland zurückgeflogen. Ja, wenn man vorher die 45 PS eines Derby gewohnt war, dann fühlt man sich auch ohne Turbo mit den 146 PS der 2,3l Maschine und mit dem Fahrkomfort eines CC wie beim Fliegen. So lernten wir uns kennen (also der CC und ich), und meistens kamen wir gut miteinander aus (was den Grundstein für all die anderen Saabs legte, die folgen sollten).


Ich erinnere mich speziell noch an zwei besondere Ereignisse bzw. Episoden während der drei Jahre, in denen ich den CC fuhr. Die eine war, als noch am Anfang die Beziehung auf die Probe gestellt wurde, und der CC öfters nur noch auf 3 Zylindern lief, was einen Absturz der Zuneigung zur Folge hatte (an dieser Stelle nochmals ein fettes DANKE an meinen Professor, der sich verständnisvoll zeigte, als ich mal wieder erheblich zu spät beim Kolloquium erschien ... wobei ich mich bis heute frage, ob es nur Zufall war, daß wir damals bei einer Veranstaltung diese Werbung analysiert haben).
Ich tat dann, was man nicht tun sollte: ich ging zur offiziellen Saabvertretung in HH, ließ die Zündung checken, ließ (für meine damaligen Verhältnisse) viel Geld dort, und der 4. Zylinder verließ mich immer noch regelmäßig. Aber in allem schlechten steckt auch etwas gutes. In diesem Falle zwang mich die Situation doch endlich zu einer tieferen Internet-Recherche, durch die ich zuerst das deutsche Saab-Forum, den Begriff DI-Kassette (als Lösung des Problems) und als Saab-Empfehlung für Hamburg (und weit darüber hinaus) die Saab-Garage in Altona kennenlernte. Was den Beginn einer Bekanntschaft bzw. seit dem zweiten Saab dann einer bis heute andauernden Freundschaft mit dem Firmeninhaber markieren sollte.


Die andere bleibende Erinnerung hatte mit Paris zu tun. Bzw. eher indirekt, da der CC die Stadt Paris damals nur zweimal gesehen hat. Denn kurz nach dem Kauf trat meine Partnerin eine Stelle in Saarbrücken an (glücklicherweise ... für das Saabfahren, denn so war die Strecke von Hamburg aus noch länger). So bestand die Jungfernfahrt nach Paris darin, mit 4 Mitfahrern hinzufahren und vollbeladen mit einem Teil des Hausstandes gen Saarbrücken wieder abzufahren (ich war damals so beeindruckt von der Ladekapazität, daß ich seitdem immer nur CC Modelle gekauft habe). Auch meine Partnerin war so beeindruckt, daß sie in den folgenden Monaten mein bestes Stück in ihrer Nähe haben wollte. D.h. sie hat den CC in Saarbrücken zum täglichen Pendeln zur Arbeit genutzt, während ich in Hamburg Fahrrad fuhr (ist eh viel gesünder).
Gesund war es nur nicht, das seit Monaten lauter gewordene Geräusch radseitig rechts vorne weiterhin konsequent überhört zu haben. Aber wer möchte schon seine Partnerin mit Vorahnungen ängstigen? Ich nicht. Im Übrigen: bis heute glaube ich, daß der CC über den Tausch Paris - Saarbrücken nicht glücklich war und sich dadurch gerächt hat, daß sich eben eines morgens die Antriebswelle rechts vom Vorderrad löste und getriebeseitig aus den Tripoden rutschte ... und viele kleine Einzelteile auf der Straße lagen. Das erstaunliche: der Abschlepper, den meine Partnerin rief, war noch vom alten Schlag, sammelte die Einzelteile ein, in der Fremdwerkstatt wurde alles fein säuberlich wieder zusammengesteckt, was zusammengehörte, und der CC lief wieder.
Trotzdem hängt das Ereignis auch 15 Jahre später noch nach, und meine Partnerin ist seitdem stets die 900er lieber als die 9000er gefahren. Ich bin ja eher der Meinung: so etwas schweißt zusammen.

 

Aber auch nicht ewig. Als mir nach dreieinhalb Jahren Fahrspaß der Meister nach der HU Anfang 2008 (der CC fuhr wieder in Hamburg und meine Lebensgefährtin wohnte wieder in Paris) sagte, daß für die kommende HU einiges an Schweißarbeit anstünde, gingen die gemeinsamen Zeiten einem Ende entgegen. Aber es sollte ein Ende mit Würde sein. D.h. eben nicht zu Kiesow, Norddeutschlands größtem Abwracker, sondern in Hände, die mit Zeit und Lust das Straßenleben des CCs verlängern würden. Diese Hände fanden sich im Mai 2009 bei einem Bekannten einer damaligen WG-Mitbewohnerin (solche Zeiten waren das damals), der ihn tatsächlich noch einmal über die HU brachte. Irgendwann später habe ich aber erfahren, daß er schließlich doch den Weg allen irdischen Metalls gehen mußte.

 

Mein erster Saab: ein Schrägschnautzer MY 1991, 2.3l Sauger, Handschalter, mit Schiebedach und ziemlich viel Ausstattung (bis auf Klima). Ehrlich gesagt weiß ich heute nicht mehr, wieviele KM wir zusammen in den 5 Jahren zurückgelegt haben. Ich schätze, es waren ca. 30.000 KM, also überschaubar. 

Sein Dasein führte zu meinem ersten Beitrag im Saab-Forum (am 19.5.2005, damals noch unter einem Alias, den es nicht mehr gibt) und zu mehr als einem Dutzend Saabs, die ihm nachfolgen sollten. Auch wenn der Rückblick auf meine alten Einträge (und vor allen den vielen Fragen nach möglichen Ursachen für auftauchende Fehler) schonungslos zeigen, daß es keine reibungslose Gemeinschaft war: es war zwar keine Liebe (ich liebe keine Autos), aber es war auch weit mehr als eine Zweckgemeinschaft. Es war mein erster Saab.
Nach einem alten Bild muß ich noch mal suchen ... damals gab es noch keine Smartphones.